Emotionale Belastungen durch Sozial Media: Wie sinnvoll ist eine Altersgrenze?

Instagram, TikTok, Youtube – die digitalen Welten faszinieren, aber können auch zum Problem werden: Immer mehr Jugendliche fühlen sich durch ständige Vergleiche, Likes und Filter unter Druck gesetzt. Neue Studien zeigen, wie stark die emotionale Belastung durch soziale Netzwerke zunehmen kann – und verstärken die Debatte, ob Plattformen erst ab 16 Jahren erlaubt sein sollten. 

Für Jugendliche gehören Social Media Angebote selbstverständlich zum Alltag. Doch die Plattformen bringen nicht nur Spaß, Austausch und kreative Ideen. Wenn Nutzung, Vergleichsdruck und Rückmeldungsmechanismen unreflektiert bleiben, kann sich das besonders bei Kindern und Jugendlichen auf die psychische Gesundheit auswirken.

Befunde aus der Forschung

Die Weltgesundheitsorganisation WHO fasst in einer Analyse zusammen, dass mehr als 11 Prozent der Jugendlichen Anzeichen problematischen Social-Media-Verhaltens zeigen – darunter Schwierigkeiten, die Nutzung zu kontrollieren, Entzugsgefühle und negative Auswirkungen auf Schule, Freunde oder das Wohlbefinden. Bei Mädchen liegt dieser Anteil sogar bei etwa 13 %, bei Jungen bei rund 9 %. 

Eine weitere Erkenntnis: in Deutschland nutzen laut Bitkom-Studie 2024 fast alle Jugendlichen soziale Netzwerke – und sie verbringen dort durchschnittlich etwa 95 Minuten täglich. Bei den Älteren (14–18 Jahre) steigt diese Zeit teils auf über zwei Stunden an. Und damit die Gefahr vielfältiger Belastungen: Vergleiche, Kommentardruck, Cybermobbing, ständige Erreichbarkeit.

Die Wissenschaft warnt: Nicht jede Nutzung ist problematisch, aber bei auffälligen Verhaltensmustern – z. B. Kontrollverlust, Vernachlässigung anderer Aktivitäten oder anhaltender Stress – steigt das Risiko für depressive Symptome, Ängste oder Schlafstörungen.

Debatte um ein Mindestalter: Social Media erst ab 16?

Vor dem Hintergrund solcher Befunde rückt eine Idee in den Fokus: Soll der Zugang zu sozialen Medien erst ab 16 Jahren erlaubt sein? In Australien werden solche Regelungen bereits diskutiert und auch in Deutschland wird über ein solches Modell kontrovers gesprochen.

Befürworter argumentieren, dass junge Menschen erst Basiskompetenzen, Selbstwertgefühl und Medienresilienz entwickeln sollten, bevor sie in Systeme mit algorithmischer Gestaltung, Vergleichsmustern und Werbeanreizen eintreten. Ein Mindestalter könne als Schutzfunktion wirken, um sie vor Überforderung, Manipulation oder extremer Selbstdarstellung zu bewahren.

Gegner warnen aber vor zu pauschalen Verboten: Digitalisierung ist Teil des Lebens, digitale Räume auch Räume für Meinungsäußerung, Verbindung und Identitätsfindung. Der Deutsche Lehrerverband hält dasselbe Verbot für realitätsfern: Solche Regelungen seien kaum kontrollierbar und würden Jugendliche nur in inoffizielle Kanäle drängen. Und die Bundesschülerkonferenz betont: Jugendliche müssen mitreden, statt ausgeschlossen zu werden.

In der Praxis dürfte ein gesetzliches Mindestalter allein kaum ausreichen. Vielmehr braucht es begleitende Maßnahmen: Medienbildung, reflektierte Nutzungsroutinen und Unterstützung durch Schule und Elternhaus.

Handlungsmöglichkeiten für Lehrkräfte und Schule

Lehrkräfte können hier eine Schlüsselrolle übernehmen – nicht durch Verbote, sondern durch Begleitung und Reflexion. Die wildGreen-Module „moodernmedia“ und „mentalpoower“ bieten dafür viele hilfreiche Materialien und Unterrichtsideen: Sie zeigen, wie Filter, Likes, Inszenierungen und algorithmische Selektion das Selbstbild beeinflussen können – und wie man diese negativen Mechanismen erkennen und vermeiden kann.

Im Unterricht lassen sich so spannende Zugänge entwickeln:

  • Schülerinnen und Schüler reflektieren, wie sie sich vor und nach Social-Media-Episoden fühlen
  • Gruppenarbeiten untersuchen den Einfluss von Filtern, Bearbeitung, Aufbau von Feed-Algorithmen
  • Projekte entwickeln Strategien für digitale Auszeiten, entstressende Nutzungsmuster oder bewusste Medienregeln

Gleichzeitig gehört auch die Einbindung der Eltern dazu. Der von der AOK unterstützte Ratgeber „Schau hin!“ liefert praxisnahe Tipps für Familien: Gesprächsleitfäden, Alltagstipps und Hinweise, wie Eltern mit Jugendlichen gemeinsam sinnvolle Medienregeln finden und miteinander über Sorgen und Erfahrungen sprechen.

 

AOK Nordost. Die Gesundheitskasse.